Gastbeitrag von Katja Großer, Sprecherin der sächsischen Branchenverbände der Kultur- und Kreativwirtschaft

Den Kenner überrascht es nicht: Thüringen hat eine durchaus lebendige kreativwirtschaftliche Szene. Diese speist sich – und das ist gar nicht so ungewöhnlich, wie der 1. Sächsische Kulturwirtschaftsbericht zeigt[1] – in hohem Maße aus soziokulturellen Strukturen. Vor allem Festivals wie Auerworld-Festival, PENG, auch der thüringische Veranstalter der inzwischen recht bekannten IBUg haben ihre Wurzeln in der soziokulturellen Szene. Trägervereine mit diesem Fokus fungieren vielfach als Experimentierfeld für kreative und künstlerische Projektemacher, deren Aktivitäten sich einerseits positiv auf Stadtbild und Gesellschaft auswirken, andererseits aber auch Vorübungen für eine spätere unternehmerische Existenz sein können. So hat beispielsweise das international anerkannte Label Freude am Tanzen aus Jena seine Anfänge im soziokulturellen Zentrum Kassablanca Gleis 1 genommen.

An dieser Stelle, dem Übergang von geförderter Projektarbeit zu wirtschaftlich nachhaltigem Unternehmertum mit gesellschaftlicher Wirkung, setzt das Gründerlabor der Werft34 in Erfurt an.

Die Werft34 in der Salinenstraße 34 im Erfurter Norden ist ein dreijähriges Projekt, das vom Plattform e.V. realisiert und von der Schweizer Stiftung drosos finanziert wird. Acht ausgewählte Projekte erhalten über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren einen Arbeitsraum in der Salinenstraße 34, individuelle Coachings, können an Workshops teilnehmen und haben Gelegenheit, ihre Unternehmensidee in einer Prototypenphase am Markt zu testen. Zusätzlich gibt es ein kleines Startkapital von 2.500 EUR.

Maßgeblich für die Auswahl der Projekte ist dabei nicht die Profitabilität oder das Wachstumspotential einer Idee, sondern ihre gesellschaftliche Wirksamkeit in Verbindung mit einem nachhaltigen Finanzierungskonzept. Dieses Selbstverständnis – Wirtschaften als Mittel zum Zweck und nicht als Zweck an sich – kommt dem vieler Kreativer auch hier in Sachsen recht nahe und stellt einen neuen, niedrigschwelligen Ansatz der Gründerförderung dar, der auch aus meiner Sicht unterstützenswert ist.

Nicht nur deshalb war ich hoch erfreut, als Sprecherin der sächsischen Kreativwirtschaftsverbände neben Bettina Rößger (LAG Soziokultur Thüringen), Sandra Bach (Sandruschka), Oliver Krahl (Mikrofinanzagentur Thüringen) und Martin Arnold (Werft34) Teil der Jury zu sein, die die acht Glücklichen am vergangenen Dienstag auswählen durfte.

Jede Präsentation durfte fünf Minuten dauern, danach gab es ausgiebig Zeit zum Fragen beantworten, für Gespräche und Feedback. Die Bewerber sorgten dabei für einige Überraschungsmomente: Der Künstler Veit Goßler sprach in Bildern, Sven Soederberg von Spirit of Football über Weltveränderung durch Fußball, Anke Weismantel tauchte kurzerhand mit Baby und Tragetasche auf, um uns von der Bugwelle Bindung zu überzeugen und fast wäre aus dem Ladenlokal der Saline34 auch noch ein Yoga-Studio geworden.

Es war ein inspirierender Tag: Nicht nur in Bezug auf die spannenden Ideen und Persönlichkeiten, sondern auch hinsichtlich dessen, was Gründungsförderung in der Kreativwirtschaft auch sein kann, nämlich wirtschafts- und wertbezogen gleichermaßen.

Wer letztlich das Rennen gemacht hat, wird noch nicht verraten, ist aber in Kürze auf der Website der Werft34 unter www.werft34.org oder www.facebook.com/werft34 nachzulesen.

 

[1] Erster Kulturwirtschaftsbericht des Freistaates Sachsen, 2009, Hrsg. SMWA/SMWK. Auf Seite 89ff. gehen die Autoren ausführlich auf die Wechselwirkungen von Soziokultur und Kultur- und Kreativwirtschaft ein.

Beitragsbild: Friederike Günther (Werft 34)